Ionenquelle und Linearbeschleuniger

Das vordere Ende der ESS dient dem Zweck der Protonenherstellung und Beschleunigung. Dazu werden zwei Anlagen benutzt: eine Ionenquelle und ein Linearbeschleuniger.

Hinweis: Beachten Sie bitte, dass das unten sichtbare Schema keineswegs den echten Aufbau der ESS zeigt. Eine korrekte Abbildung ist hier zu sehen.ESS Schema; Ionenquelle in blau, Linac rot

Die Ionenquelle:

In einer Ionenquelle werden elektrisch aufgeladene Teilchen (Ionen) erzeugt und abgegeben. Die Quellen der ESS werden voraussichtlich Wasserstoffgas hohen magnetischen Wechselfeldern aussetzen und dadurch extrem aufheizen. Dabei spalten sich die H2-Moleküle des Gases zu H+ und H-, von denen letzteres in den Linac eingespeist wird.

Der Linearbeschleuniger

Der Linearbeschleuniger, kurz Linac (für Linear Accelerator), dient dazu, die H--Ionen bis auf beinahe Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen.

Um die Spallation zu erzielen, will man in der ESS Protonen mit einer Energie von 1 Milliarde Elektronenvolt verwenden. Dies entspricht einer Geschwindigkeit von fast 300.000 km/s. Um diese unglaubliche Aufgabe zu bewältigen, setzt man im Linac elektromagnetische Felder zur Beschleunigung ein.

Einzeller

Der Einzeller zeigt anschaulich das Funktionsprinzip aller großen Beschleuniger. In einem Hohlraum schwingt ein elektrisches Feld. Im Bild sind dies die blauen Pfeile, die entsprechend den Schwingungen verblassen und die Richtung wechseln. Die Schwingung des Feldes und die Einspeisung der Teilchen in den Beschleuniger ist nun derart getaktet, dass immer dann, wenn Teilchen den Hohlraum passieren, das Feld sie beschleunigt.

Die Teilchenwolke, die sich nun im Linac befindet, darf natürlich nicht zu weit auseinander driften, sonst würde irgendwann mal ein Teilchen zur falschen Zeit einen Hohlraum betreten und in die Gegenrichtung beschleunigt werden. Stellen Sie sich zur Veranschaulichung eine 12-spurige Einbahnstraße (nun ja...) vor, in der Autos bis auf 200 km/h beschleunigen. Wenn nun ein einzelnes Auto in Gegenrichtung dasselbe Tempo erreicht, ist das unschön, aber überlebbar; bei mehreren wird die Situation schon kritisch. Man versucht deswegen, die Teilchenwolke so gut wie möglich zusammenzuhalten.

Dies macht man, indem man die Teilchen durch die Hohlräume fliegen lässt, während das Feld gerade wieder am zunehmen ist. Überlegen Sie: Ein schnelles Teilchen, das den Hohlraum früh betritt, wird nur schwach beschleunigt, ein langsames Teilchen, das etwas später ankommt, wird stärker beschleunigt, da das Feld jetzt einen höheren Wert hat. Der Effekt ist, dass bis zum nächsten Hohlraum die Teilchen etwas weiter zusammengerückt sind.

Die Einzeller haben eine Reihe technischer Nachteile. In Wirklichkeit verwendet man daher Gruppen von Beschleunigerelementen. Am Anfang kommen sogenannte Driftröhren (siehe Bild oben) zum Einsatz, weiter hinten Hohlraumresonatoren. Form und Ansteuerung dieser Strukturen werden in aufwändigen Rechnungen so optimiert, dass sie einen hohen Wirkungsgrad mit einem guten Zusammenhalt der Ionenpakete verbinden.

Hohlraumresonatoren

Weiter hinten im Linac werden aus technische Gründen Hohlraumresonatoren verwendet. Dies sind einzelne Einheiten, die das Aussehen von hohlen Baumkuchen haben, aber viel raffinierter - und teurer - sind. Die supraleitende Außenhaut wird unter eine Wechselspannung gesetzt. Genau wie beim Einzeller ist diese so getaktet, dass sobald ein Teilchenpaket den Resonator durchfliegt, das elektrische Feld in Strahlrichtung zeigt und das Paket beschleunigt wird. Die Form der Resonatoren dient dabei u.a. der Kontrolle des magnetischen Feldes, das sich dabei unvermeidlicherweise auch bildet. Ein magnetisches Feld kann die Teilchen zwar nicht abbremsen, jedoch sehr leicht ablenken, mit dem Erfolg, dass sich unser Teilchenpaket mit großem Elan in die nächste Wand bohrt. Durch die gewählte Form werden Teilchen, die aus der Bahn geraten sind, zurück in den Strahl geschoben.

Fokussierung

Ohne zusätzliche Fokussierung würde dennoch ein großer Teil des Strahls irgendwo in der Beschleunigerwand enden. Deshalb wird der Strahl immer wieder vermessen und durch viele Magnete fokussiert und auf Kurs gehalten. Die Magnete wirken dabei ähnlich wie Linsen für Licht.